Die Grundelemente der Platzgestaltung

Die Grundelemente der Platzgestaltung

Dem Gelände gab Speer mit vier markanten Elementen ein Gerüst:

Bauzeichnung des erweiterten Kundgebungsplatzes  (Ausschnitt), 1938

Das in der Zeichnung angedeutete Stadion ist nicht gebaut worden.

Niedersächsisches Landesarchiv Hannover, Kartensammlung, Mappe 1565, Blatt 38

  • Der oberen großen Tribüne für die Ehrengäste
  • Der unteren kleineren Tribüne, Hitlers Rednerkanzel
  • Dem Mittelweg, der beide Tribünen verbindet
  • Dem Fahnenoval um das Gelände

Ein weiteres Element der Platzgestaltung ist auf Zeichnungen und Fotos nicht oder kaum zu erkennen:

  • Die doppelte Neigung des Platzes

 

Speer ließ ein Bauwerk entstehen, dessen Künstlichkeit kaum sichtbar ist. Trotz massivster Erdbewegungen wirkt der Platz „natürlich“. Der Platz war „gebaute Natur“.

Um die Propaganda vom einfachen, „natürlichen“ Bauernfest zu untermauern, verwendete Speer für die „Möblierung“ möglichst Naturmaterialen. Tribünen, Podeste, Treppen, Geländer und Fahnenmasten waren aus Holz. Girlanden bestanden aus Tannengrün und waren ebenso handgefertigt wie die Fest-Abzeichen. Die zahlreichen „unnatürlichen“ technischen Installationen wie die Telefon- und Rundfunkzentrale, Elektrokabel, Wasserleitungen, Toiletten etc. sollten hingegen möglichst wenig wahrnehmbar sein.

 

Die Ehrentribüne

Auf der Höhe des Hanges ließ Speer als oberen Platzabschluss eine gewaltige Zuschauertribüne für zuletzt 3000 Ehrengäste errichten. Sie nahm annähernd die Hälfte der oberen Platzbreite ein

Die obere Tribüne im Endzustand, mit Aufbau „Telefunkenzentrale“, um 1941        

Die obere Tribüne überdauerte die NS-Zeit und hatte bis Anfang der 1950er Bestand.

Stadtarchiv Hameln, Best. 602 H, Nr. 45-057

Die mächtige Holzkonstruktion war ca. 100 Meter breit und gut zwölf Meter tief und ruhte auf Betonfundamenten, die heute noch erhalten sind. Über zwei Treppen auf der Schauseite und vier hintere Treppen gelangten ca. 3000 Besucher zu ihren Plätzen.

Für die NS-Elite und das Diplomatische Corps waren die vorderen Sitzreihen reserviert, die ansteigenden hinteren für einen repräsentativen Querschnitt der NS-Volksgemeinschaft. Mit ihrer Höhe von gut vier Metern gewährte die Tribüne einen freien Blick über das Geschehen.

 

Zentral auf der Schauseite stand unter einer übergroßen Hakenkreuzfahne wie ein Altar der Tisch mit Erntegaben.

Das Tribüneninnere barg eine Telefonzentrale und ein Rundfunkstudio. Ein Aufbau diente als „Telefunkenzentrale“ zur Steuerung der Lautsprecher.

Die Rednertribüne


Erster Entwurf der unteren Tribüne, 1933

Die Handskizze, vermutlich von Speer, zeigt eine gestufte Tribüne („Pyramide“), die mit vier starren Fahnentüchern von 14 bzw. 8 m Höhe umrahmt ist.

Private Sammlung

Als unteren Abschluss und eigentliche Bühne des monumentalenFreilufttheaters sah Speer Hitlers Rednerkanzel in Gestalt einer abgestumpften Pyramide vor. Sie bildete den für alle sichtbaren Mittelpunkt und war „als Willensausdruck der aufmarschierenden Massen“ (Speer 1933) zu verstehen.

Die 40 Meter breite Schauseite und die 15 Meter breiten Flanken der Rednerkanzel hatten neun Stufen, auf denen die SA mit Standarten und Fahnen dichtgedrängt Aufstellung nahm. Die menschliche Spitze der Pyramide bildete Hitler, inmitten und zugleich als Führer herausgehoben aus seiner uniformierten Gefolgschaft.


Blick auf die Rednertribüne während Hitlers Rede, undatiert (1935)

Historisches Museum Hannover; Bildarchiv, Fotograf: Hans Pusen

Als optischen Abschluss der Bühne und zugleich mächtige Herrschaftszeichen ließ Speer wie bei der 1. Mai-Feier in Berlin vier bis zu 14 Meter hohe Fahnen-Gerüste aufrichten. Seit 1935 wurden sie durch zwei schlichte Türme ersetzt, von denen aus Filmteams das Geschehen festhielten.

Der Mittelweg

Neu gestalteter Mittelweg von der Ehrentribüne aus, 1936

Süddeutsche Photo / Scherl

Ein 800 Meter langer, ca. 5 m breiter und um einen halben Meter erhöhter dammartiger Weg verband beide Tribünen. Wie auf einem Laufsteg wurde hier Hitlers Weg durch das Volk in Szene gesetzt.

Das Oval der Fahnen

Der Kundgebungsplatz mit Fahnenoval von oben, Postkarte, undatiert (1935 oder 1936)

Stadtarchiv Hameln, Best. 607 Nr. 545 / Hermann Lorch Kunstanstalt Dortmund

Speer umschloss den Platz mit einem hufeisenförmigen, nach unten offenen dreifachen Fahnenring. Mit dieser Rahmung wollte er einen Binnenraum markieren und den Versammelten „das Gefühl einer unbedingten Zusammengehörigkeit“ (Speer 1933), einer Volksgemeinschaft,  einprägen.

Die doppelte Neigung des Platzes

Geplanter Endzustand des Kundgebungsplatzes, Modell von 1934

Der Entwurf, der auf Speer zurückgehen dürfte, wurde so nicht realisiert.

Private Sammlung

Um die Wirkung, welche die Hanglage bot, noch zu erhöhen, ließ Speer die riesige Naturbühne von den Seiten her nach innen, zum Mittelweg hin, leicht abfallen. Der Platz hat also eine doppelte Neigung und nähert sich der Form eines Amphitheaters an.

Die Teilnehmer hatten auf diese Weise nicht nur den freien Blick über die Köpfe der Versammelten nach unten, sondern auch auf den Mittelweg. Vor allem aber: Die Teilnehmer sahen sich selbst. Es war ein zentrales Motiv Speers, den Versammelten ihre Menge und Stärke vorzuführen. „Gerade auf einfache Menschen wird es seine gewaltigste Wirkung haben“ (Speer 1933).

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